Also sprach derbaron am Samstag, 6. Juni 2009, 19:00 wie folgt:
Ich finde, es ist wichtig hinzugehen und wenigstens irgendeine Partei (ausgenommen FPÖ oder BZÖ) anzukreuzen. Ungültig zu wählen oder nicht zu wählen stärkt speziell bei dieser Wahl die inzwischen völlig duchgeknallte und nunmehr klar rechtsextreme FPÖ. Und das sollten wir bei aller berechtigten Kritik an allen anderen Parteien dem Ruf Österreichs nicht antun.
"irgendeine partei" zu wählen (auch wenn zwei kandidaten zu recht ausgeklammert werden) ist kein demokratiepolitisch verantwortungsvoller ansatz.
die eu ist in manchen wähleraugen ein ungültiger unsinn, eine verirrte idee, eine papierdurchsetzte, blutleere phantasie...
das kann sowohl eine ungültige stimme, als auch wahlverweigerung zum ausdruck bringen.
Ich persönlich weiss eh wen ich wähle. Ich bin der EU gegenüber auch positiv eingestellt und halte nichts davon, die EU ständig nur schlecht zu reden, weil unsere Politiker Wappler sind oder weil man zu wenig Wissen über die EU hat. Und ich bin überzeugt davon, dass die EU besseres verdient hat als die Politiker, die von unseren Parteien dorthin entsendet werden.
Aber unabhängig von den Wapplern der anderen Parteien sehe ich derzeit tatsächlich eine grosse Gefahr darin, dass Rechtsextremismus salonfähig wird. Was Haider sich geleistet hat, war absolut abzulehnen, aber Haider hat im Vergleich zu Strache noch einen Funken Anstand besessen. Strache ist völlig durchgeknallt und er ist der erste wirkliche Rechtsextremist, dem einiges "gelingen" könnte, wenn man ihn nicht endlich stoppt. Und ich fürchte, dass ihn diesmal sehr viele Menschen wählen werden.
Nicht-wählen zu gehen oder ungültig zu wählen stärkt Strache in diesem Fall nur. Also ist ein Verzicht auf die Ausübung seines Stimmrechtes eine indirekte Mitwahl Straches. Und nun frage ich dich: Ist dir das egal? Findest du die EU derart unnötig, dass dir das wurscht ist? Ist dir Österreichs internationaler Ruf egal, wenn vielleicht 35-40% der abgegeben Stimmen auf eine Partei entfallen, die dezitiert rechtsextrem ist? Sorry, aber die Stimme wenigstens irgendeiner anderen Partei zu geben (wenn man schon nicht weiss wen man wählen soll) ist in diesem Zusammenhang zumindest ein sehr wichtiges und notwendiges demokratiepolitisches Signal gegen Rechtsextremismus. Und es ist wesentlich verantwortungsvoller, als den Rechtsextremen das Feld zu überlassen, weil einem die EU wurscht ist.
Ich habe das "Glück", dass ich heute sozusagen auswärts bin (und keine Wahlkarte habe). Somit entfällt für mich die Qual der Wahl.
Aber sonst bin ich ich Großem und Ganzen deiner Meinung. Das klingt jetzt banal, aber seit ich Anfang Jänner den History-Channel bekam und mir seit dem viele Dokus über die diversen Kriege und Diktatoren in Europa der letzten Jahrhunderte angesehen habe, wurde mir wieder so richtig bewußt welch gigantisches Friedensprojekt die EU ist. Dafür nehme ich die einen oder anderen Holprigkeiten problemlos in Kauf.
haider hatte keinen funken anstand, den ich wahrgenommen hätte. er war um keinen deut weniger zum kotzen als strache... das einzige, was haider mehr hatte, war eine bessere rhetorik und mehr politisches gespür. das mit "anstand" zu verwechseln, halte ich für die folge einer erfolgreichen blendung.
ich denke, dass sowohl das gerede von haider als auch die blödheiten von strache weit in ihrer bedeutung überschätzt werden.
eine "indirekte mitwahl" gibt es nicht.
wenn ich ein projekt als gescheitert betrachte, dann wirke ich daran nicht mit. die eu ist so ein projekt, das schon auf der allertiefsten ebene (der wirtschaft) gescheitert ist, und von den friedensplänen ist erst recht gar keine rede, dafür sind sich die völker leider immer noch viel zu fremd und lehnen sich untereinander (auch ohne haider und strache und co.) viel zu sehr ab. z.b. deutsche und österreicher: wo ist da die europäische gesinnung des "gemeinsamen"? hämisches witzereissen und gegenseitiges heruntermachen ist an der tagesordnung. da können die politiker machen, was sie wollen, sie werden nichts erreichen, solange die menschen nicht mitspielen.
die schweiz hat sich da herausgehalten - im gegenseitigen denunzieren und im überheblichen getue seiner landsleute steht sie den anderen europäischen staaten um nichts nach und gehört voll dazu...
und eine geringe wahlbeteiligung reflektiert auch das.
ich bin für einen eu-neustart auf ganz anderer basis.
FÜR den würde ich stimmen.
Hundertprozentige Zustimmung zu Barons Beitrag.
-
David, man kann sich zwar einen Neustart wünschen, doch so einfach ergibt sich der nicht aus historisch-politischen Sachzwängen. Es ist schon ein Wunder, dass sich damals Frankreich und Deutschland zusammen gefunden haben. Es ist auch nahezu ein Wunder, dass Gorbatschows Bereitschaft auf Kohls rasches Zugreifen getroffen ist.
Es gibt hunderttausend Gründe, warum sich Gruppen auf ihre eigene Nationalität berufen wollen.
Mit der EU verhält es sich ähnlich wie mit der Demokratie. Die schlechteste aller Regierungsformen, doch es gibt keine bessere.
Natürlich sollten bessere Politiker in die EU entsandt werden. Aber wen haben wir denn schon für Österreich?
Und ganz so ideal sieht es in der Schweiz auch nicht aus, wenn ich mir manchmal 3SAT ansehe oder die NZZ lese.
Wir können die Dinge nur durch einen KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) ändern. Jeder Neustart ist mit den Kinderkrankheiten behaftet, die auch der EU anhaften.
Und wie sich die Länder in der Geschichte entwickeln entscheidet sich anhand längerer Zeiträume als eine Menschengeneration. Es sei denn, es handelt sich um tausendjährige Reiche.
dass das alles nicht "einfach" ist, ist mir klar. vielleicht ist es sogar unmöglich.
aber es ist sicherlich unmöglich und bleibt unmöglich, wenn wir politiker nur wählen und hoffen, dass die das schon machen werden... das ist die tiefste form dessen, wo demokratie hinsinken kann: es liegt an jedem einzelnen die verhältnisse zu verändern.
an dieser utopie halte ich fest, auch wenn ich die veränderungen (auf gesellschaftlicher ebene) nicht mehr erleben sollte.
es würde überhaupt nichts bringen, "bessere politiker" in die eu zu "entsenden"... denn schon das ganze vokabular ist korrupt. die eu sollte überall sein - da braucht man niemanden entsenden. das ganze konzept ist auf verlorenem posten.
so lange die sprache mit diesen begrifflichkeiten durchsetzt ist, wird nichts besser werden. "die eu" ist nicht irgendwo in brüssel... bzw. leider ist das so. eine zutiefst verlogene sache.
ich wollte oben nicht die schweiz für ihren entschluss beglückwünschen, sondern nur zeigen, dass der "papierentschluss", bei der eu zu sein, oder nicht, überschätzt wird. die schweiz ist ein player in der eu, ganz klar. egal ob sie nun dafür oder dagegen gestimmt hat.
am Samstag, 6. Juni 2009, 19:00 wie folgt:
die eu ist in manchen wähleraugen ein ungültiger unsinn, eine verirrte idee, eine papierdurchsetzte, blutleere phantasie...
das kann sowohl eine ungültige stimme, als auch wahlverweigerung zum ausdruck bringen.
Aber unabhängig von den Wapplern der anderen Parteien sehe ich derzeit tatsächlich eine grosse Gefahr darin, dass Rechtsextremismus salonfähig wird. Was Haider sich geleistet hat, war absolut abzulehnen, aber Haider hat im Vergleich zu Strache noch einen Funken Anstand besessen. Strache ist völlig durchgeknallt und er ist der erste wirkliche Rechtsextremist, dem einiges "gelingen" könnte, wenn man ihn nicht endlich stoppt. Und ich fürchte, dass ihn diesmal sehr viele Menschen wählen werden.
Nicht-wählen zu gehen oder ungültig zu wählen stärkt Strache in diesem Fall nur. Also ist ein Verzicht auf die Ausübung seines Stimmrechtes eine indirekte Mitwahl Straches. Und nun frage ich dich: Ist dir das egal? Findest du die EU derart unnötig, dass dir das wurscht ist? Ist dir Österreichs internationaler Ruf egal, wenn vielleicht 35-40% der abgegeben Stimmen auf eine Partei entfallen, die dezitiert rechtsextrem ist? Sorry, aber die Stimme wenigstens irgendeiner anderen Partei zu geben (wenn man schon nicht weiss wen man wählen soll) ist in diesem Zusammenhang zumindest ein sehr wichtiges und notwendiges demokratiepolitisches Signal gegen Rechtsextremismus. Und es ist wesentlich verantwortungsvoller, als den Rechtsextremen das Feld zu überlassen, weil einem die EU wurscht ist.
@baron
Aber sonst bin ich ich Großem und Ganzen deiner Meinung. Das klingt jetzt banal, aber seit ich Anfang Jänner den History-Channel bekam und mir seit dem viele Dokus über die diversen Kriege und Diktatoren in Europa der letzten Jahrhunderte angesehen habe, wurde mir wieder so richtig bewußt welch gigantisches Friedensprojekt die EU ist. Dafür nehme ich die einen oder anderen Holprigkeiten problemlos in Kauf.
@baron
ich denke, dass sowohl das gerede von haider als auch die blödheiten von strache weit in ihrer bedeutung überschätzt werden.
eine "indirekte mitwahl" gibt es nicht.
wenn ich ein projekt als gescheitert betrachte, dann wirke ich daran nicht mit. die eu ist so ein projekt, das schon auf der allertiefsten ebene (der wirtschaft) gescheitert ist, und von den friedensplänen ist erst recht gar keine rede, dafür sind sich die völker leider immer noch viel zu fremd und lehnen sich untereinander (auch ohne haider und strache und co.) viel zu sehr ab. z.b. deutsche und österreicher: wo ist da die europäische gesinnung des "gemeinsamen"? hämisches witzereissen und gegenseitiges heruntermachen ist an der tagesordnung. da können die politiker machen, was sie wollen, sie werden nichts erreichen, solange die menschen nicht mitspielen.
die schweiz hat sich da herausgehalten - im gegenseitigen denunzieren und im überheblichen getue seiner landsleute steht sie den anderen europäischen staaten um nichts nach und gehört voll dazu...
und eine geringe wahlbeteiligung reflektiert auch das.
ich bin für einen eu-neustart auf ganz anderer basis.
FÜR den würde ich stimmen.
europa - ja.
eu - nein.
@baron @david
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David, man kann sich zwar einen Neustart wünschen, doch so einfach ergibt sich der nicht aus historisch-politischen Sachzwängen. Es ist schon ein Wunder, dass sich damals Frankreich und Deutschland zusammen gefunden haben. Es ist auch nahezu ein Wunder, dass Gorbatschows Bereitschaft auf Kohls rasches Zugreifen getroffen ist.
Es gibt hunderttausend Gründe, warum sich Gruppen auf ihre eigene Nationalität berufen wollen.
Mit der EU verhält es sich ähnlich wie mit der Demokratie. Die schlechteste aller Regierungsformen, doch es gibt keine bessere.
Natürlich sollten bessere Politiker in die EU entsandt werden. Aber wen haben wir denn schon für Österreich?
Und ganz so ideal sieht es in der Schweiz auch nicht aus, wenn ich mir manchmal 3SAT ansehe oder die NZZ lese.
Wir können die Dinge nur durch einen KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) ändern. Jeder Neustart ist mit den Kinderkrankheiten behaftet, die auch der EU anhaften.
Und wie sich die Länder in der Geschichte entwickeln entscheidet sich anhand längerer Zeiträume als eine Menschengeneration. Es sei denn, es handelt sich um tausendjährige Reiche.
@steppenhund
dass das alles nicht "einfach" ist, ist mir klar. vielleicht ist es sogar unmöglich.
aber es ist sicherlich unmöglich und bleibt unmöglich, wenn wir politiker nur wählen und hoffen, dass die das schon machen werden... das ist die tiefste form dessen, wo demokratie hinsinken kann: es liegt an jedem einzelnen die verhältnisse zu verändern.
an dieser utopie halte ich fest, auch wenn ich die veränderungen (auf gesellschaftlicher ebene) nicht mehr erleben sollte.
es würde überhaupt nichts bringen, "bessere politiker" in die eu zu "entsenden"... denn schon das ganze vokabular ist korrupt. die eu sollte überall sein - da braucht man niemanden entsenden. das ganze konzept ist auf verlorenem posten.
so lange die sprache mit diesen begrifflichkeiten durchsetzt ist, wird nichts besser werden. "die eu" ist nicht irgendwo in brüssel... bzw. leider ist das so. eine zutiefst verlogene sache.
ich wollte oben nicht die schweiz für ihren entschluss beglückwünschen, sondern nur zeigen, dass der "papierentschluss", bei der eu zu sein, oder nicht, überschätzt wird. die schweiz ist ein player in der eu, ganz klar. egal ob sie nun dafür oder dagegen gestimmt hat.